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Integration braucht Sicherheit – Träger warnen vor Kürzungen in der Migrationsberatung

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Ankommen in einem neuen Land ist mehr als nur eine Frage der Sprache. Es bedeutet, sich in neuen Strukturen zurechtzufinden, Perspektiven zu entwickeln und Teil einer Gesellschaft zu werden. Dabei leisten die Migrationsberatungen für erwachsene Zugewanderte (MBE) und die Jugendmigrationsberatungen (JMD) im Kreis Siegen-Wittgenstein einen unverzichtbaren Beitrag.

Getragen wird das Angebot von der AWO Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe, dem Caritasverband Siegen-Wittgenstein e.V., dem Verein für Soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen und dem Jugendmigrationsdienst des Internationalen Bundes. Gemeinsam beraten und begleiten sie Menschen aus aller Welt, die im Kreis Siegen-Wittgenstein eine neue Heimat gefunden haben.

„Unsere Aufgabe ist es, Orientierung zu geben und Wege aufzuzeigen – von den ersten Schritten im Alltag bis zur beruflichen Integration“, erklärt Sophie Kröckel, Migrationsberaterin der AWO. „Jede Lebensgeschichte ist anders, und deshalb braucht auch jede Person eine individuelle Begleitung.“

Jennifer Püttmann vom Caritasverband betont die enge Zusammenarbeit der Träger: „Integration gelingt dort, wo Strukturen verlässlich sind und Menschen sich ernst genommen fühlen.“

Besonders für junge Menschen spielen die Jugendmigrationsdienste (JMD) eine zentrale Rolle. Sie unterstützen Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf, fördern Sprachkenntnisse und stärken Selbstvertrauen.
„Gerade junge Zugewanderte brauchen jemanden, der ihnen zuhört und zeigt, dass sie hier Chancen haben“, weiß Ute Wawrzyniak-Bockheim vom Jugendmigrationsdienst des Internationalen Bundes. „Viele schaffen dadurch den Sprung in Ausbildung oder Beruf und gestalten ihr Leben aktiv mit.“

Dass die Arbeit wirkt, zeigen Beispiele aus dem Kreis:
Ana-Maria Zisu kam 2014 aus Rumänien, absolvierte Sprachkurse, meisterte den Neustart als Alleinerziehende und arbeitet heute in einer Kita – mitten in der Ausbildung zur Erzieherin. „Ich habe gelernt, dass man alles schaffen kann, wenn man die richtige Unterstützung hat“, sagt sie rückblickend.

Karam Allah Ghawi, Lehrerin aus Syrien, hat ihren Beruf wieder aufgenommen und engagiert sich heute zusätzlich ehrenamtlich. „Es war mir wichtig, wieder in meinem Beruf zu arbeiten. Eine Zeit lang habe ich als Dolmetscherin in der Migrationsberatung mitgeholfen – das hat mir gezeigt, wie wertvoll diese Arbeit ist.“

Die Beispiele zeigen: Migrationsberatung ist mehr als nur Formularhilfe. Sie schafft Perspektiven und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dennoch steht das Angebot bundesweit unter Druck. Im Entwurf zum Bundeshaushalt 2026 sind massive Kürzungen bei den Migrationsprogrammen vorgesehen – rund 40 Prozent weniger Mittel für Angebote wie die MBE, die Jugendmigrationsdienste oder psychosoziale Zentren. Das gefährdet nicht nur die Teilhabe vieler Ratsuchender, sondern auch die gewachsenen Beratungsstrukturen in den Kommunen.

Die Träger der Migrationsberatungen im Kreis Siegen-Wittgenstein appellieren daher gemeinsam an die Verantwortlichen in Bund und Land, die Migrationsberatungen dauerhaft abzusichern und den tatsächlichen Bedarfen entsprechend zu fördern. „Wir erleben jeden Tag, wie sehr Menschen von der Beratung profitieren und wie viel Mut und Perspektive dadurch entsteht“, sagt Lilia Klass vom Verein für Soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen. „Kürzungen würden bedeuten, dass genau diese Unterstützung wegfällt. Integration braucht Zeit und Vertrauen – und dafür müssen die Strukturen verlässlich bleiben.“

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